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(Sir Isaac Newton)
Trauer und Glauben
Immer wieder werde ich gefragt, ob ich wirklich noch an Gott glauben kann, nach all dem Schrecklichen, was um mich geschehen ist. Aber hat nicht jeder Mensch ganz individuell seine Erlebnisse, sein eigenes Schicksal, das sogenannte Päckchen auf dem Rücken, zu tragen? Sicher, mein Schicksal war nicht immer leicht, ich habe in meinem Leben schon viele Lasten auf meinen Schultern zu tragen gehabt. Allerdings war das Schmerzhafteste und Schlimmste für mich, dass mir mein Mann auf so schreckliche Weise und mitten aus dem Leben genommen wurde. Diese Krebsdiagnose an sich fühlte sich schon ein stückweit wie Sterben an, doch nach dem ersten Schock über diese Diagnose stärkten mein Mann und ich uns gegenseitig, in dem festen Glauben, dass wir diese Krankheit überstehen werden und mein Mann wieder ganz gesund wird.
Gott wird uns schon helfen…
doch Gott wollte es anders…
WARUM???
Warum nur???
Warum ließ ER das geschehen?
Natürlich habe ich fast den Verstand verloren und erst recht meinen Glauben, als mein Mann dann plötzlich für immer von mir ging. Wieso musste ausgerechnet MEIN Mann sterben? Er war noch so jung, so ein gutherziger Mensch. Nie hat er etwas Böses getan, er glaubte immer so fest an Gott. Er war ehrfürchtig allem Leben gegenüber und wirklich die Gutmütigkeit in Person, hatte das Herz am rechten Fleck, wie man so schön sagt. Wir führten über 30 Jahre lang eine sehr liebevolle und harmonische Ehe, eine selten innige Beziehung, wie es Außenstehende über uns sagten, jene, mit denen wir einen Teil unseres Lebens verbrachten, die uns deshalb sehr gut kannten. Ja, mein Mann war wirklich engelsgleich, ein selten lieber Mensch. Er war immer für andere Menschen in Not da, sich selbst nahm er niemals wichtig dabei. Irgendjemand sagte einmal zu mir, mein Mann sei die deutsche Antwort auf Mutter Theresa. Meinem Mann war das überhaupt nicht von Bedeutung, er lachte nur darüber und sagte kurz und knapp:“So ein Blödsinn…!“
Was er anderen Gutes tat, geschah mit Liebe aus seinem Herzen heraus, und er war dabei selbst der glücklichste Mensch, wenn er anderen eine Freude bereiten konnte und er wollte niemals ein Dankeschön für irgendetwas. Meine Freundinnen beneideten mich immer wieder unverblümt, so einen gutherzigen Mann an meiner Seite zu haben. Oh ja, er war zeitlebens zu jeder Zeit immer für mich da, ich stand für ihn an allererster Stelle. Und ich spüre auch heute noch immer wieder, dass er "da ist", wenn meine not am grössten ist.
Mein Mann war stets meine Stärke, meine Kraft, mein Halt, er trug mich buchstäblich mit seiner Liebe auf Händen und stand mir unerschütterlich in jeder Situation zur Seite.
Immer hatte er ein Lächeln auf den Lippen und strahlend fröhliche Augen und er war wirklich beseelt von ungebremst guter Laune, die oft richtig ansteckend war. Er war ein Tüftler und Denker. Es gab wirklich nichts, was er nicht konnte oder nicht wusste. Trotz allem Sein und Können blieb immer ganz bescheiden, denn er tat alles in der Stille und stellte sein Licht unter dem Scheffel. Es war ihm nie wichtig, dass seine Taten gerühmt wurden. Im Gegenteil, es genierte ihn sogar, dass man ihn lobte, wenn heraus kam, dass er derjenige war, der etwas rettete oder wieder in Ordnung gebracht hatte, was vorher unmöglich schien.
Und so ein herzensguter Mensch wurde auf so grausame Weise, viel zu früh aus dem Leben und von meiner Seite gerissen!!!
Warum ???
Warum er ???
Warum ist das geschehen???
Wo war Gott???
Warum hat Gott so etwas zugelassen???
Warum hat ER das nicht verhindert???
Ich verstand zunächst die Welt nicht mehr! Meine Trauer, meine Verzweiflung machten mich wütend und blind. Ich war nach seinem Tod vorübergehend nicht mehr ich selbst.
Es brauchte eine lange Zeit, bis ich wieder zur Besinnung kam und ohne meinen jetzigen Lebensgefährten hätte ich es vielleicht niemals geschafft, wieder ins Leben zurückzufinden. Durch meinen jetzigen Mann begriff ich damals, dass ich nicht allein mit meinem Verlust und dem Schmerz der Trauer und auch dem Gefühl der Einsamkeit, des Verlassen seins war. Mir wurde durch ihn und anderen Trauernden, die ich kennenlernte klar, dass es vielen Menschen genau gleich geht wie mir. Ihm ging es in seiner Trauer um seine verstorbene Frau genauso schlecht wie mir. Er blieb nach dem Krebs-Tod seiner geliebten Frau mit zwei Kindern alleine zurück.
Wie konnte Gott das nur zu lassen?
Diese Frage stellte sich mir in der schlimmsten Zeit der Trauer und Verzweiflung immer und immer wieder, Tag und Nacht!
Eine alte Frau hat mir damals einmal gesagt: “Weißt du, wenn es dir schlecht geht, dein Schicksal einmal hart zu schlägt, dann schau zu jenen Menschen, denen es noch schlechter geht als dir. Glaub mir, auch wenn du es für einen Moment lang nicht sehen kannst oder glauben willst, aber es wird immer Menschen geben, denen es noch viel schlimmer und schlechter ergeht als dir.“
Wohl weise Worte! Doch mir taten diese Worte damals sehr weh, denn es ist nicht immer leicht, dass dann auch zu sehen und vor allem zu verstehen, wenn man selbst am Boden liegt. Es ist wahrhaftig kein Trost, weil ich selbst „ganz unten“ war und vor Kummer nicht mehr ein noch aus wusste.
Aber, als ich damals dann die traurige Geschichte meines Lebensgefährten hörte, wie es ihm und den Kindern erging, als er seine Frau verlor und die Kinder ihre Mutter und er nun mit den Kindern allein zurück blieb, da kam ich doch ein wenig zum Nachdenken.
Auch viele meiner Freunde fragten mich sehr oft WARUM Gott dass alles zulässt, warum ER Menschen so quält, wenn ER sie doch liebt.
Heute denke ich inzwischen über vieles ganz anders und sehe es so:
Wir klagen Gott für alles an, was uns missfällt, was negatives um uns herum geschieht. ER ist schuld an Krieg und Krankheit, an Tod und Verzweiflung, an unserem Versagen in mancher Lebenslage. Wir fühlen uns von IHM verlassen, wenn wir meinen, IHN nun gerade am meisten zu brauchen. Oh ja, schnell sagen wir: "ER war nicht da, als ich ihn brauchte!"
Mit diesen Vorwürfen und Gedanken bin ich heute aber nicht mehr einverstanden. Ich glaube, in Wirklichkeit ist es nicht allein Gott, der das zulässt, sondern es ist ein Teil unseres Lebens, das wir zu bewältigen haben. Dieser Teil des Lebens muss sich genauso so erfüllen, wie es schon bei unserer Geburt für uns gedacht ist. Es ist unsere eigene Geschichte, die sich zu erfüllen hat, aufgeschrieben in unserem persönlichen Buch des Lebens, das für jeden einzelnen von uns ein ganz besonderes Kapitel hat, welches Seite für Seite umgeblättert wird und so geschehen muss, wie alles geschieht.
Wir müssen genau das leben, was dort geschrieben steht. Dieses, unser Buch enthält unsere eigene Wegbeschreibung, ganz individuiell für uns, und wir müssen auf den Pfaden wandern, die dort für uns allein vorgesehen sind. Mal geht es auf diesem Weg über sonnige Höhen, dann hinunter durchs tiefe Jammertal, durch Tage und Nächte, voller Licht und Dunkelheit. Wir wandern über herrliche Blumenwiesen, denen immer wieder schreckliche Sumpfpfade folgen und nach den Sumpfpfaden kommen wieder in allen Farben leuchtende Blumenwiesen
Zum Leben gehört nicht nur ein ständiges Himmelhochjauchzen, nein es gehört leider auch Tiefschläge und dieses zu Tode betrübt zu unserem Leben.
Aber warum lässt Gott zu, dass manche Menschen so jung sterben und andere, die sich im Alter nach dem Ende sehnen, langem Leiden ausgesetzt sind, bevor sie endlich sterben können? Warum nimmt er Eltern die Kinder, bevor sie überhaupt das Leben kennenlernen durften?
Fragen über Fragen...
Ich denke, wir sollten diese Fragen nicht stellen, weil Sie uns Kraft kosten. Sie zermürben uns und wir werden leider niemals eine Antwort in diesem Leben darauf bekommen.
Erst am Ende unseres Daseins, werden wir mit Gewissheit eine Antwort auf all diese bohrenden Fragen bekommen, warum alles so gekommen ist, warum alles so sein musste -davon bin ich fest überzeugt.
Wir alle wissen doch: Vom Tag unserer Geburt an, gehen wir mit jeder Sekunde, die vergeht ein Stück weiter unserem eigenen Ende zu. Niemand weiß jedoch weder Tag noch Stunde. Nur Gott allein weiß es, ER weiss, wie, wo und wann unsere Letzte Sekunde hier auf erden zu Ende geht.
Wir stellen immer wieder Fragen, auf die wir hier keine Antwort bekommen, anstatt unser Leben zu leben, als wäre jeder Tag unser letzter Tag, denn er könnte es tatsächlich sein. Jeder Moment kann der letzte Moment unseres eigenen Lebens sein.
Gut, ich bin ehrlich, es gab Momente für mich, da wünschte ich mir sehnlichst, mein letzter Tag wäre endlich da. Ich war nicht mehr gewillt dieses Leben zu leben, mein Lebensmut war erschöpft. Doch genau in dem Moment, als meine Kraft vollkommen zu Ende schien, schickte mir Gott einen Engel. Dieser Engel war mein jetziger Mann, der mir in vielen Stunden des Redens und Verstehens, zurück zu meinem eigenen Leben verhalf.
Irgendwann begriff ich, das Leben kann wieder lebenswert werden, egal wie dunkel die Nacht auch ist, sie muss einem neuen Morgen weichen. Und wir müssen tatsächlich erst wieder lernen, neu aufzustehen und unser Leben neu zu leben. Nach so einem harten Schicksalsschlag müssen wir wieder wirklich noch einmal ganz neu "laufen lernen!
Einer Freundin, die auch ihren Mann in jungen Jahren verlor, schrieb ich nach ähnlicher Diskussion einmal Folgendes (Auszug aus einem Brief an sie):
*…Natürlich steht uns diese Verzweiflung über den größten Schmerz der uns zugefügt wurde zu, es ist doch nur all zu menschlich. Trauer ist ein Gefühl, dass genauso zum Leben gehört wie das Gefühl der Liebe. Wie könnten wir lieben, wenn wir das Gefühl der Traurigkeit nicht kennen würden?
Wir dürfen auch ruhig schimpfen, zweifeln, hadern, über und mit unserem Schicksal. Wir sind Menschen und wir alle sind fehlbar und haben zudem tiefsten Schmerz aushalten müssen, als uns das Liebste was wir hatten, von unserer Seite gerissen wurde, ohne Erbarmen und ohne uns zu fragen. Und sind wir mal ehrlich, was wäre gewesen, wenn wir gefragt wurden??? Niemals hätten wir unsere Zustimmung gegeben, dass uns unser Liebstes genommen wird, oder dass der Mensch, den wir liebten, und auch wir selbst, solche Qualen aushalten mussten Wir waren ungefragt dazu verdammt, hilflos zusehen zu müssen, was unwiderruflich geschah.
Doch deshalb zu behaupten, es gibt keinen Gott?
Nein, ich denke, dass ist nicht richtig!
Aber wir dürfen unsere Zweifel an SEINER Existenz äußern, das steht uns sicherlich zu.
Zweifel hat auch mit Angst zu tun. Hier geht es um die Angst, des von Gott verlassen zu sein. Diese Angst ist in traumatischen Situationen natürlich und sicherlich mehr als berechtigt.
Verzweiflung ist ein Aufschrei unserer Seele.
Gott ist uns sicher nicht böse, wenn wir seine Existenz oder seine Unterstützung einmal in Frage stellen. Erinnern wir uns an Jesus, er selbst, der so viel höher ist als wir, der Gott so viel näher stand als wir, ja selbst Jesus hat am Kreuz an seinem Vater gezweifelt, mit den Worten." Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen..."
Ist es da ein Wunder, dass wir in unserem tiefen Schmerz, Momente haben, in denen wir an Gott zweifeln? Nein, ich denke das ist erlaubt.
Aber Gott ließ es doch zu! Warum ist es dann nicht seine Schuld, dass alles so gekommen ist?
Es liegt in der Natur des Menschen für all und jedes einen Hauptverantwortlichen, einen Schuldigen zu finden.
Nur hier gibt es keinen Schuldigen, denn es ist unser Schicksal, dass wir zu tragen haben. Wir müssen uns selbst beim Schopfe fassen und lernen aus jeder Situation wieder aufzustehen, insbesondere nach dem Tod eines lieben Angehörigen. Wir müssen unseren Weg weitergehen, bis wir unseren Weg zu Ende gegangen sind.
Wir haben Verstand und gesunde Sinne bekommen, unser Leben selbst in die Hand zu nehmen, etwas daraus zu machen und das Leben zu leben.
Es liegt in unserer alleinigen Verantwortung, wie wir unser Leben für uns selbst gestalten.
Es liegt an uns Dinge zu ändern, die wir ändern können.
Gott trägt nicht die Schuld an MEINEM Schicksal.
Ich muss bei mir selbst anfangen zu suchen und mich ehrlich zu fragen was ich an meinem Leben ändern kann, bevor ich jemand anderem mein eigenes Schicksal zur Last lege.
Gegen Krankheit und Tod sind wir machtlos, es ist ein Teil des Weges, der leider unabwendbar auch zu unserem Leben gehört. So sehr wie wir diesen Abschnitt des Lebens auch fürchten und hassen mögen, wir werden ihn nie umgehen können.
Natürlich fällt es auch mir immer wieder schwer zu verstehen, WARUM manches so ist, wie es ist.
Man fühlt sich nach mancher Tragödie, insbesondere nach einem Verlust eines lieben Angehörigen durch Tod, wie mit einem Dolchstoß mitten ins Herz gestoßen, schwer verwundet. Ich behaupte, die Krankheit und dann den Tod eines geliebten Menschen zu erleben fühlt sich an, wie eine Amputation bei lebendigem Leib und vollem Bewusstsein. Insofern haben wir ganz sicher alles Recht der Welt, aufzuschreien, anzuklagen und zu zweifeln, ob Gott uns verlassen hat.
Aber wir müssen irgendwann wieder aus dieser Verzweiflung erwachen, weil nur dieses unsere wahre Chance ist, wieder zu einem einigermaßen erträglichen Leben zurück zu finden. Wir müssen wieder aufstehen, um Kraft zu bekommen noch einmal ganz von vorne anzufangen.
Wir selbst müssen uns aus dem Jammertal befreien, um nicht gänzlich und für immer zu erblinden und im Sumpf der Verzweiflung zu ersticken.
Es ist ganz sicher nicht im Sinne des Menschen, den wir so sehr liebten, dass wir seinetwegen unser Leben fortwerfen, beenden oder nur noch vor uns dahinsiechen. Sie würden es in ihrer neuen Welt nicht ertragen und könnten keine Ruhe finden, denn sie liebten uns und wollten immer, dass wir glücklich sind. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass wir sie mit lebenswidrigem Verhalten unsererseits sogar in gewisser Weise beschuldigen und schwer belasten, sie somit in ihrer Welt nicht zur Ruhe kommen können.
Gott gab jedem einzelnen die Fähigkeit sein Leben zu gestalten und zu meistern, wir selbst müssen dies für uns ganz allein nutzen.
Natürlich sind all diese Fähigkeiten mit dem Verlust unseres Partners oder Angehörigen zunächst vollkommen verkümmert und nicht mehr funktionsfähig oder nutzbar, aber ich denke, das darf nicht für die Ewigkeit sein. Wir müssen an uns arbeiten, so schwer es uns fallen wird, damit wir nach einem Verlust irgendwann zu neuem Leben erwachen und unseren Fähigkeiten, dieser Chance zum neuen Leben auch gewähren. Vielleicht hilft es, sich daran zu erinnern, wie stolz unsere lieben Verstorbenen auf uns sind, wenn wir ihnen zeigen, dass wir wieder ins Leben zurück gekehrt sind. Denn ich bin mir sicher, es liegt nicht in ihrem Sinn uns leidend und voller Schmerz zu sehen.
Ich komme nun wieder auf Gott zurück und den Vorwurf, den wir Gott machen, indem wir ihn beschuldigen, dass es uns so schlecht geht, wir so viel Böses erleben. Dabei stelle ich mir auch die Frage, haben wir uns früher , als es uns "gut" oder "besser" ging, genauso an Gott erinnert, wie heute, wo wir IHM in unserer Verzweiflung alles zur Last legen und Anklage erheben???
Haben wir ihm auch unser "gutes" oder "besseres" Leben, das wir einmal hatten, "vorgeworfen"?
Haben wir GOTT einmal gedankt, oder von mir aus auch vorgeworfen, dass wir so eine wunderbare Liebe mit unserem Partner leben durften? Haben wir uns wirklich schon mal bewusst bedankt, dass wir einen Teil unseres Lebens mit so lieben Angehörigen wie wir sie hatten, verbringen durften? Wir sollten aber in all unserer Verzweiflung Dankbarkeit empfinden, dass wir all die gemeinsame Zeit mit unseren Lieben verbringen durften.
Hätten wir nicht so eine wundervolle und wunderschöne Liebe erlebt, bräuchten und müssten wir nach dem Tod nicht so leiden und trauern.
Diese Zeit, die wir mit ihnen gemeinsam hatten, bringt eine der kostbarsten Erinnerungen hervor und sie wird unsere Trauer nach einer gewissen Zeit ins Erträgliche umwandeln. Wir müssen uns ins Gedächtnis rufen, das wir zu den Glücklichen gehören, die so eine Liebe, wie wir sie erlebten, spüren und besitzen durften!
An dem Tag, als mein Mann starb, verlor auch ich für einen kurzen Moment wirklich den Glauben an Gott. Ich fragte ihn, wie er das zu lassen kann und dann dachte ich bei mir: Nein, es gibt keinen Gott, es kann keinen Gott geben. Ein Gott, wie ich an ihn glaubte, ließe das nicht zu.
Noch am selben Tag, wenige Stunden später, entschuldigte ich mich bei IHM ob meiner Gedanken zuvor. Ich litt durch Krankheit und Tod meines Mannes unter höllischen Qualen, aber ich wusste plötzlich wieder, egal, was geschehen war, es wird seinen Grund haben, den nur Gott alleine kennt und er wird mich irgendwie in meinem Schmerz tragen. Ich hatte keine Ahnung, wie alles kommen wird, aber trotz meines Schmerzes vertraute ich plötzlich wieder auf Gott.
Ich dachte auch an Hiob - alles, was er hatte, wurde ihm gnadenlos genommen und trotzdem hat er seinen Glauben an Gott niemals verloren. Hiob war auch nur ein Mensch, nur in einer anderen Zeit.
Dann fragte ich meine Freundin weiter, wie kann ich Glück und Freude erfahren, wenn ich Leid nicht kenne?
Wie kann ich die Wärme der Sonne als Wohltat empfinden wenn ich nie gefroren habe?
Wie weiß ich das Essen zu schätzen, wenn ich niemals gehungert habe?
Was weiß ich von der Bedeutung und Großartigkeit der Liebe, wenn ich nie getrauert habe?
Und hätte ich nicht so geliebt, würde ich nicht so trauern.
Was, wenn all diese schweren Schicksalsschläge die uns ereilen, Prüfsteine auf dem Weg ins wirkliche Leben, dem Leben nach unserem jetzigem Dasein sind?
Jesus wurde auch geprüft, er widerstand allen Angeboten des Teufels und blieb somit Gott treu.
Lässt es sich vereinbaren, zu glauben, zu hoffen, unsere Lieben sind jetzt dort, wo es ihnen besser geht, dort wo sie auf uns warten, um uns wiederzusehen, wenn ich anzweifele, dass es überhaupt einen GOTT gibt?
Es gibt einen Gott und ich muss ihn gar nicht weit suchen, denn er ist auch in uns selbst.
Wie können wir an Gott glauben, wie können, wie wollen wir IHN finden, wenn er nicht in unseren eigenen Herzen zu finden ist? Gott schuf uns nach seinem Ebenbild, so wird es uns seit tausenden von Jahren weitergegeben.
Und Gott ist immer bei uns, auch durch Seinen Sohn, durch Jesus Christus, ist er mitten unter uns. Jesus lehrte, wo zwei oder drei von euch versammelt sind, da bin ich mitten unter euch.
Gott lässt uns nicht allein in unserem Leid, in unserem Schmerz. Er trägt uns auf Händen, damit wir Kraft finden, wieder aufzustehen!
Und dazu möchte ich den Psalm 91 in Erinnerung bringen, wo es heißt:
"...und er wird Seinen Engeln befehlen, das sie dich auf Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest..."
Es ist nicht Gott der uns Leid und Schmerz zufügt, denn wir alle sind Kinder Gottes und wer quält schon seine eigenen Kinder, so er nicht der Teufel in Person ist?
Leid und Schmerz werden uns durch Krankheit, Tod und Menschenverachtung zugefügt. Und das sind leider Steine auf dem Weg ins wahre Leben, in das Leben, das uns am Ende alle erwartet. Doch auch aus Steinen, die auf unserem Weg liegen kann man etwas Schönes bauen (Hier habe ich ein altes Sprichwort aufgegriffen)
Gott selbst ist Liebe und seine Liebe wird in uns leben, in unseren Herzen und so wir unsere Herzen öffnen, kann diese Liebe wieder gedeihen und uns selbst die Chance geben, von unserer Erblindung, durch Trauer hervorgerufen, wieder zu heilen.
Und ganz sicher ist mit „ER lässt lahme wieder gehen und blinde wieder sehen“, auch dass gemeint!
Ich glaube an Gott und ich weiß, dass ER mich trägt!
In diesem Sinne
herzlichst Nati Merlin