Warum Rezepte auf meiner Homepage?
 
 
Eine seltsame Trauerbegleiterscheinung war es für mich, dass ich absolut nicht mehr kochen konnte. Die leichtesten  Rezepte waren mir einfach entfallen, so als hätte ich nie zuvor in meinem Leben gekocht. In den ersten Tagen und Wochen war mir das Essen sowieso völlig egal. Hunger hatte ich nicht mehr und hinzu kam, dass es nicht auszuhalten war, alleine am Tisch zu sitzen.
 
So war es mir irgendwie auch völlig egal und es interessierte ja niemanden mehr, ob ich kochen konnte oder nicht. Ich hatte, wie mir meine Psychologin sagte, eine psychische Blockade, vermutlich dadurch ausgelöst, dass ich in den Jahren, als mein Mann Krebs hatte, versuchte wie besessen gegen den Krebs anzukochen. So verrückt, wie es jetzt auch klingen mag, ich lernte zu seiner Krebszeit tagtäglich wie verrückt, alles über die Ernährung und damit verbundenen Heilchancen bei Krebs.
Und ich glaubte wirklich voller innerer Überzeugung daran, dass ich meinem Mann damit helfen konnte. Ich kochte und backte für ihn oft von morgens bis abends, was mir nur einfiel, stand oft Stunden über Stunden am Herd. Unmengen landeten später dann logischer und bedauerlicher Weise auf dem Kompost, denn wir konnten gegen mein Kochwerk gar nicht anessen. Mein Mann hatte aufgrund der Chemo kaum Hunger und ich bekam aus Angst und Sorge um ihn kaum etwas runter.
 
Etwas zog mich aber auch noch an den Herd… dort beim Kochen konnte ich ungehindert heulen, meinen Schmerz über das uns auferlegte Schicksal hinaus weinen, denn am Herd sah mich mein Mann nicht immer und sah er mich doch einmal, so behauptete ich, es seien die Zwiebeln oder mir seien Kochdämpfe in die Augen gestiegen.
Vielleicht trug all das dazu bei, dass ich nach dem Tod meiner Mannes lange Zeit nicht mehr kochen konnte.
 
Na ja, als mich mein jetziger Lebensgefährte dann später das erste Mal besuchte, war es in Punkto Essen kochen/ zubereiten eine wirkliche Katastrophe für mich, denn ich konnte ihm einfach nichts kochen. Mir war das leichteste Rezept entfallen. Wirklich, ich wusste nicht mehr, wie man WAS zubereitet. Zum Glück ist mein Lebensgefährte ein leidenschaftlicher und guter Koch, so dass er seinen Einstand gleich in meiner Küche geben konnte und sein Können am Herd unter Beweis stellen musste. Irgendwie war mir das alles sehr peinlich, doch dadurch, dass er um seine geliebte Frau trauerte, musste ich ihm nicht viel erklären. Er wusste, wie es in mir aussah und ahnte meinen Schmerz um meinen geliebten Mann. Mein Lebensgefährte zauberte uns damals im Handumdrehen ein sehr köstliches Menü. Für mich brauchte es mehr als zwei Jahre nach dem Tod meines Mannes, bis ich wieder vollständig so kochen konnte, wie früher einmal.
 
Noch heute ist mir diese Blockade ein wirkliches Rätsel! Aber es zeigt einmal mehr, wie und in welchen Bereichen der Psyche die Trauer eine gravierende Rolle spielt.
Ehrlich zugegeben, wenn mir das jemand erzählt hätte, ohne dass ich es nicht alles selbst erlebt und gar durchlebt hätte, ich weiss nicht, ob ich mir das hätte tatsächlich vorstellen, geschweige denn glauben können.
Doch ich erlebte es und ich kann nur sagen, ich bin manches Mal fast verzweifelt, denn  ich kaufte gewohnheitsgemäss Nahrungsmittel zum Kochen und konnte mich nicht einmal im Ansatz daran erinnern, wie man diese überhaupt zubereitet. So blieb Fleisch und Gemüse fast immer im Kühlschrank bis es verdorben war und ich es wegschmeissen musste. Hinzu kam, dass ich mich heftig dafür schämte und genierte, darum erzählte ich niemandem etwas davon. Ja, es war so, im Anfang traute ich mich nicht darüber zu sprechen, denn ich glaubte, vor Trauer meinen Verstand zu verlieren, was mir andererseits auch irgendwie egal war, denn zu der Zeit war mein Lebensmut eh gleich null.
 
Mein Erfahrungsaustausch mit anderen Trauernden lehrte mich später, dass dieses „nicht mehr kochen können“, wirklich ein Symptom der Trauer sein kann.
Zum Glück kann ich heute wieder kochen und davon möchte ich die Besucher meiner Homepage profitieren lassen. Auf den folgenden Seiten werde ich deshalb einige meiner Lieblingsrezepte preisgeben.
Manche Rezepte werden sogar in Bilddokumentationen erscheinen, denn mein Lebensgefährte kocht genauso leidenschaftlich gerne wie ich. Er kocht nicht nur gerne, oh nein, es schmeckt auch unglaublich lecker, was er mir vielmals Schönes auf den Teller zaubert – ich geniesse es inzwischen so sehr, von ihm bekocht zu werden. Und manchmal kochen wir sogar etwas zusammen, wobei einer von uns kocht und der andere fotografiert.  So entsteht immer mal wieder eine Fotosession während der Zubereitung unserer Gaumenfreuden und diese veröffentliche ich hier mit dazugehörendem Rezept.
 
Viel Erfolg beim Nachkochen
 
wünscht
Nati Merlin
 
 

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