- Kapitel 1 –

Schreiben oder nicht schreiben?

 

Viele meiner Besucher wissen, und wie ich bereits hier vor längerer Zeit in meinem  Gästebuch schrieb, war und bin ich noch immer sehr schwer erkrankt. Nach 14 Monaten und  3 Wochen ununterbrochenem Krankenhausaufenthalt, bin ich nun endlich wieder Zuhause.  Ich habe Blutkrebs, Leukämie und brauchte neue Stammzellen, um überhaupt eine Chance zum Überleben zu haben.

Inzwischen geht es mir den Umständen entsprechend relativ gut. Meine Ärzte, unter deren strenger Beobachtung ich noch immer stehe, sagen, überstanden ist die Krankheit noch nicht, aber wir befinden uns nach langer Zeit endlich auf der richtigen Seite und es geht im Moment vorwärts, wenn auch langsam. Ich brauche deshalb noch sehr viel Geduld mit mir, die ich zugegebener Massen leider nicht immer habe.

Lange Zeit habe ich nachgedacht und überlegt, ob ich hier über meine Erkrankung, über mich schreiben soll? Gehört das überhaupt hier auf meine Homepage? Zuerst dachte ich, nein, das geht niemanden etwas an, dass ist allein meine Sache!

Dass ich mich nun doch zum Schreiben über meinen schweren Weg mit der Leukämie entschlossen habe,  dazu tragen auch Gespräche mit meiner Klinikseelsorgerin/Pastorin und mit einem meiner Psychologen bei. Die Klinikseelsorgerin und der Psychologe haben  mich in meinen schwersten Stunden begleitet.  

Die Gespräche mit der Pastorin führten mich oft in mein früheres Leben. Ich erzählte davon, dass ich meinen verstorbenen Mann durch Krebs verloren habe, mein jetziger Mann seine erste Frau auch an Krebs verlor. Die Trauer um unsere geliebten Partner hat uns zusammen gebracht, deshalb bin ich hier in der Schweiz gelandet. Nun bin ich selbst an Krebs erkrankt.

In einem dieser vielen Gespräche fragte sie mich irgendwann einmal, welche Aufgabe ich in meinem Leben als die wichtigste betrachtete. Denn ich sagte ihr in einem Gespräche, dass ich daran glaube, dass wir alle nicht nur Verantwortung  für unser Leben tragen, sondern auch ganz bestimmt eine  Aufgabe zu erfüllen haben. So antwortete ich ihr, dass ich meine Aufgabe darin sehe, anderen Menschen zu helfen. Wie ich hier bereits unter dem Menü-Punkt „Wer bin ich“ schrieb sind Jesus und die sagenumwobene Gestalt Merlin, meine Vorbilder.  

Wir sprachen irgendwann auch über diese Homepage und dass ich mit dieser HP schon vielen Trauernden helfen konnte. Die Pastorin las auch so dann und wann auf meiner Homepage und meinte irgendwann zu mir, dass ich nicht nur von meiner Familie  gebraucht werde, sondern viele Menschen auf mich warten würden. Nicht jedem sei es gegeben, sich in die Lage anderer Menschen hineinzuversetzen, mit ihnen aufrichtig mitzufühlen und sie in ihrem Schmerz anzunehmen und zu verstehen. Gott hätte mir diese Gabe geschenkt und sicher möchte Er, dass ich diese Aufgabe weiter erfülle, doch zunächst  brauche ich alle Kraft nur für mich, um wieder gesund zu werden. Natürlich lag und liegt mir nicht mehr daran, als wieder gesund zu werden.

Vielleicht hätte ich dann eines Tages doch die Kraft, über meinen schweren Weg durch diese Krankheit, zu schreiben, so sagte ich der Pastorin. Oh nein, niemals werde ich darüber schreiben, dachte ich als ich wieder mit mir alleine war. Ich kann ja nicht mal darüber reden, so sagte ich empört zur Pastorin beim nächsten Besuch. Die Seelsorgerin meinte daraufhin, es sei sicherlich auch noch viel zu früh, ich müsse selbst erst mal alles für mich verarbeiten.  

Auch mein Mann sagte etliche Male  zu mir, schreib doch alles auf, mach dir Notizen.  Aber ich wollte das nicht, es tat so weh und ich steckte doch noch mittendrin in der Therapie mit allen schrecklichen Nebenwirkungen. Nein, ich hatte keine Kraft zum Schreiben, zu dem Zeitpunkt ganz bestimmt noch nicht.

Ich wusste zudem, dass ich keine Notizen brauchte, denn alles,  von der Diagnose, über jede Chemo, Bestrahlung bis zur Transplantation, wurde wie mit einem Brenneisen tief in meine Seele eingebrannt.

Und es stimmte, ich hatte so viel mit mir, mit dieser schrecklichen Krankheit zu tun, woher sollte ich   die Kraft zum Schreiben haben und dann noch den Mut dazu aufbringen, das Erlebte in Worte zu fassen. Ich wollte am liebsten alles was hinter mir lag nur noch irgendwie vergessen.

 

Mein  Psychologe hatte seine eigene Meinung  dazu, als ich ihm vom Gespräch mit der Pastorin erzählte und ihn fragte was er davon hält, wenn ich über meine Krankheit und mich auf meine Homepage schreibe. Er meinte, es kann ein guter Weg für mich zur Verarbeitung sein, denn schreiben befreit die Seele. Sicherlich gibt es viele Menschen, die von dieser Krankheit betroffen sind, für sie könnten meine Erfahrungen auch ermutigend und irgendwie hilfreich sein, in welcher Form auch immer. Vielleicht sei der Zeitpunkt des Schreibens noch zu früh, aber ich werde schon spüren, wann ich bereit bin, um meine Geschichte zu erzählen.

 

Ja, nun habe ich mich nach langer und reiflicher Überlegung dazu entschlossen hier auf meiner HP über meinen schweren Weg der letzten 15 Monate zu schreiben. Auch wenn es mir sehr schwer fallen wird, alles noch einmal zu durchleben,  möchte ich mit meiner Geschichte allen Menschen mit ähnlicher Erkrankung  und der damit verbundenen Angst und Verzweiflung  Mut machen.  Mut zum Kampf um das eigene Leben. Mut zum Glauben und die Hoffnung nie zu verlieren, dass alles gut ausgehen kann. Vor allem auch daran glauben, dass nach der schlimmsten dunklen Hölle ein wunderschönes, neues  Licht auf uns warten kann. Es ist dieses besondere  Licht des Lebens, um das es sich wirklich jeden einzelnen Tag  zu kämpfen lohnt! Wie lange wir in diesem herrlichen Licht des Lebens bleiben dürfen, dass weiss nur Gott allein. Aber glauben Sie mir, mit dem Herzen betrachtet, lohnt es sich für jeden einzelnen Tag des Lebens zu kämpfen.

Wenn der Weg des Lebens für uns manchmal zu hart und zu schwer zu werden scheint, lassen wir nur allzu schnell entmutigt den Kopf hängen, werfen sozusagen die Flinte ins Korn. Dabei ist alles was wir erleben, ob schrecklich oder wunderschön, in Anbetracht der Jahre die wir leben, rückblickend gesehen, nur eine kleine Episode. Dieser Gedanke brachte mich ebenfalls zu dem Entschluss, hier auf meiner Homepage von mir und meinen Erlebnissen mit der Leukämie, im Kampf um mein Leben,  zu berichten.

Mein verstorbener Mann sagte früher so oft zu mir: “Nati, Kopf hoch, wir schaffen das und du weisst doch, wer kämpft kann verlieren, wer nicht kämpft hat schon verloren!“  Dieser Spruch hat mich bis heute jeden Tag begleitet. Und ich weiss, alles wird irgendwie weitergehen und am Ende gut werden, so lange Gott will, denn wir alle stehen in Seiner Hand. ER hat das letzte Wort!

 

In diesem Sinne

herzlichst Nati

 

 

 

Kapitel 2 – „Wie alles begann“ -  folgt demnächst

 

 

 

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