Die Feder meines Schutzengels
Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, wovon wir überhaupt nichts wissen, begreifen oder nur ganz wenig Ahnung haben. Wir wissen eigentlich nichts davon, was nach dem Tod wirklich mit uns geschieht. Wissenschaftler glauben nur zu wissen, doch in Wahrheit wissen auch sie nichts. Bisher ist niemand aus der anderen Welt zurück gekommen, dass er uns genaues berichten könnte.
Ich selbst bin fest davon überzeugt, dass mit dem Tod nicht alles zu Ende ist. Die Seele lebt weiter und die, die wir liebten sind immer irgendwie bei uns. Nur der Körper, diese Hülle hat sich aufgelöst.
Auf einer anderen Textseite werde ich noch etwas genauer über den Tod und die Seele schreiben.
Hier erzähle ich nun aber erst einmal eine Geschichte, die sich ganz genauso zu trug:
Es war nur wenige Tage nach dem Tod meines Mannes, an einem ganz gewöhnlichen Morgen, mitten in der Woche.
Eine qualvolle, tränenreiche und schlaflose Nacht lag wieder hinter mir. Endlich war die Nacht irgendwie vorbei. Ich stand wie gerädert auf und schleppte mich ins Bad.
Natürlich waren meine Gedanken nur bei meinem Mann. Wer die gleiche Erfahrung wie ich gemacht hat, weiß wie sehr ich damals litt und in welchem Trauma ich mich befand.
Mein Mann fehlte mir unendlich, ich war ausgebrannt und leer und diese Sehnsucht nach ihm, nahm mir alle Kraft und auch den Lebensmut.
Wie ein Heiligtum behielt, bzw. übernahm ich alle Gewohnheiten meines Mannes. So ging ich an jenem Morgen ins Bad und stellte sein Radio ein, genauso, wie nur er es immer tat. Ich brauchte im Bad kein Radio, aber mein Mann hörte morgens kurz bevor er zur Arbeit fuhr noch gerne die Nachrichten und im Winter vor allem den Wetterbericht. Das Radio war nun eingeschaltet, mehr nicht, keine Lautstärke, denn ich konnte zu dem Zeitpunkt, so kurz nach seinem Tod, keine Musik ertragen. Musik zu hören tat mir innerlich höllisch weh, es verletzte mich irgendwie und schmerzte wirklich tief in mir drin. Aber das Radio war eingeschaltet, eben genau so wie es mein Mann tagtäglich getan hat.
ich tat es nun für ihn und ich wusste, war mir sicher, dass er sich darüber freuen wird. Als ich mit der Morgentoilette fertig war, tastete meine Hand mechanisch, ohne dabei hinzuschauen, zum Ausstellknopf des Radios. Ein lautes Geräusch liess mich zusammen zucken und jagte mir einen Schrecken ohne Gleichen ein. Anstatt das Radio auszuschalten, hatte ich es versehentlich auf die höchste Lautstärke gestellt.
Ungewollt schnappte ich deshalb, von was auch immer und wer auch immer es sagte, den allerletzten Satz irgendeiner Radiosendung auf:
"...also, wenn sie heute eine Feder finden - denken sie daran, ihr Schutzengel war bei ihnen!"
Dieser Satz traf mich schmerzhaft in der Seele. Mein Schutzengel... dachte ich voller Hohn. Wo war MEIN Schutzengel? Wäre er bei mir geblieben, würde mein Mann jetzt noch leben! Und überhaupt... Feder finden - schwachsinniges Zeug!!!
Ja, ich war in der ersten Zeit nach dem Krebs und dem Tod wirklich verbittert.
Na ja, irgendwie schön hatte es der Reporter aber trotzdem gesagt, dachte ich so trotz allem bei mir. Nur eine Feder kann ich sicherlich nie finden, denn in unserer Wohnung gibt es nichts mit Federn. Schon vor Jahren hatten wir auf Grund von Allergie, alles was mit Federn gefüllt war, ausgewechselt. Wo sollten bei uns also Federn zu finden sein. Im Inneren lachte ich fast hysterisch und überlegte trotzig, wie mein Schutzengel wohl eine Feder verlieren will, wenn es weder meinen schutzengel noch Federn gibt
Der Weg zum Ankleiden zurück ins Schlafzimmer war nur kurz, doch es gingen mir sehr viele Gedanken durch den Kopf:
"...irgendwie gut gesagt... - ...aber ist doch alles Quatsch.....ob ich wohl doch noch einen Schutzengel habe? Natürlich, mein Mann ist jetzt bestimmt mein ganz besonderer Schutzengel…Schutzengel sieht man ja nicht... und überhaupt... die verlieren bestimmt keine Federn - so ein Blödsinn! - Aber unumstritten...es war doch irgendwie schön von dem Reporter gesagt... - Na gut, was soll's, wer an sowas glaubt...!
Ich öffnete mit diesen Gedankengängen die Schlafzimmertür und stand dirket vorm Bett meines Mannes.
Ich nahm eines meiner Kleidungsstücke in die Hand, setzte mich auf die Bettkante und dabei wurde mein Blick durch etwas Weißes direkt auf den Fußboden, vor seinem Bett gelenkt. Was ich da sah, konnte, nein, wollte ich jetzt nicht glauben. Ich dachte wirklich, ich bin jetzt total verrückt geworden. Konnte es sein, dass ich phantasiere obwohl ich hellwach und klar war? Ich bekam eine ganz merkwürdige Gänsehaut, so, als ob unter meiner Haut von unten her ganz leichter Reizstrom fließt. Mein Herz begann zu rasen, ich war ausser mir, nahezu geschockt und traute meinen Augen nicht, ich begann zu zittern!
Vor meinen Füßen lag tatsächlich eine wunderschöne kleine schneeweiße Feder! Ich war sowas von ergriffen und ich wusste ganz sicher und begriff, diese Feder hat mir mein Mann dorthin gelegt. Er musste es gewesen sein, um mir zu zeigen, dass er da ist. Natürlich war ich vollkommen perplex und konnte zuerst gar nicht damit umgehen.
Von diesem Moment an wusste ich, dass mein Mann bei mir war. Später zeigte er mir noch sehr oft und immer wieder, dass er bei mir ist, obwohl ich ihn selbst nicht sehen konnte.
Unter Tränen, aber sehr liebevoll und ganz behutsam hob ich diese Feder auf und behandelte sie, wie dünnes zerbrechliches Glas, wie den kostbarsten Schatz, den ich je in meinen Händen hielt. Noch heute hüte ich diese Feder wie meinen kostbarsten Schatz.
Zusammengefaltet liegt sie nun zwischen zwei Fotos, eines von mir und ein Foto von meinem Mann, in dem Medallion, dass er mir schenkte, welches ich immer als kostbaren Schatz bei mir trage.
WIE so manche Dinge geschehen und warum, ich denke, dass weiß nur der, der sie für uns geschehen lässt!
Und übrigens, seither habe ich noch etliche Federn gefunden und zwar immer dann, wenn ich am traurigsten oder verzweifeltsten war oder meinen Mann fragte, ob er wirklich noch da sei, ihn um ein Zeichen bat.
Nur beim gezielten Suchen habe ich nie eine Feder gefunden. Sie lagen wirklich immer nur dann unverhofft, wie ein Zeichen auf meinem Weg, wenn meine Not am größten war und ich sehen sollte, dass mein Schutzengel bei mir ist - auch darüber werde ich später noch erzählen.
Bis dahin
und in diesem Sinne
herzlichst Merlin