Ein bisschen Nostalgie…
(und mein kleines Lexikon der verlorenen Worte)
In diesem Artikel geht es um unsere wunderschöne alte deutsche Sprache und unserem deutschen Sprachgebrauch, der ja regional komplett unterschiedlich ist. Um Missverständnissen vorzubeugen möchte ich betonen, dass ich hier über den Sprachgebrauch in meiner alten Heimatregion in Deutschland schreibe, also nicht verallgemeinern kann und möchte.
Seit ich im Ausland lebe und täglich vom fremden Sprachgebrauch (überwiegend Dialekte und Französisch) umgeben bin, wird mir umso mehr bewusst, wie „heimelig“ unsere gute alte deutsche Sprache früher doch sein konnte. Na ja, in der Muttersprache stecken ja auch eine Menge Gefühle.
Ich habe hier oft das Glück in hochdeutsch, also in meiner Muttersprache zu kommunizieren, dabei kommen des Öfteren Worte aus meinem Mund, die aus der altdeutschen Sprache stammen und heute, selbst in Deutschland gar nicht mehr so geläufig oder fast verschwunden sind. Sie sind mir in der Seele eingebrannt und gehören genauso zu mir wie meine Vergangenheit.
Bei manchen Worten werde ich von meinen Freundinnen dann auch schon mal verwundert gefragt, was dieses oder jenes Wort bedeutet.
Und so dann und wann gibt es tatsächlich „Naseweise“ die mir weiss machen wollen, dass man dieses oder jenes so nicht sagt. Ha, da muss ich dann aber kräftig Schmunzeln, denn glücklicher Weise komme ich gebürtig aus dem Bundesland und vor allem aus der Region, wo das reinste Hochdeutsch gesprochen wird. Na gut, über den „spitzen Stein stolpere“ ich nun nicht grade, doch auch diese „spitzen Zungen“ gehörten meiner Familie an.
Nicht nur in der Schule, sondern auch zu Hause wurde stets grössten Wert auf eine saubere und deutliche Ausdrucksweise gelegt, obwohl der Gebrauch der Umgangssprache erlaubt, und gang und gäbe war. Nur gewisse, unanständige Worte waren uns strengstens verboten. Nie hätten wir uns getraut das Wort Scheixxx zu benutzen, selbst dann nicht, wenn wir ausser Haus waren und meine Eltern es nie hätten hören können.
Obendrein gehöre ich noch zu der Generation, die zusätzlich mit Grossmutters besonderem Wortschatz und ihrer Generation entsprechend, mit Plattdeutsch aufwuchs. Die alten Leute sprachen vielmals platt, wenn sie bei Kaffeekränzchen oder zur Bibelstunde zusammen kamen. Die Bibelstunde selbst hielten sie oft in Hochdeutsch ab, vor allem wenn Kinder dabei waren, was hin und wieder vorkam.
Allerdings hatten wir ausserhalb des Hauses, dann, wenn wir mit unseren Freundinnen unterwegs waren natürlich auch unseren eigenen Sprachgebrauch, insbesondere in der Pubertät. Man wollte ja „in“ sein.
Heimelig ist mir heutzutage natürlich auch immer wieder zumute, wenn ich an frühere Zeiten und all den Plaudereien mit meiner wunderbaren und liebevollen Grossmutter zurück denke. Im Wortschatz meiner Grossmutter fanden sich zudem sehr viele französische Worte, sie waren kleine Überbleibsel aus der französischen Besatzung Zeit, zu Zeiten Napoleons. So ging man nie die lange Strasse entlang, oh nein, Oma ging mit uns die Chaussee hinunter (oder hinauf). Mittags legte man sich einen kurzen Moment aufs Kanapee oder Chaiselongue, nicht aufs Sofa. Im Fauteuil (Sessel) sass man bequemer als auf dem Stuhl. Das Trottoir wurde jeden Samstag gefegt (nicht der Bürgersteig) – und so weiter und so fort.
In meiner Kindheit gehörten all diese Ausdrücke, nach meinem damaligen Wissensstand, zur deutschen Sprache. Erst viel später, als ich schon zur Schule ging, erklärte mir meine Grossmutter, wie sich das mit den „besonderen“(Französischen) Wörtern verhielt.
Es waren halt die sogenannten Überbleibsel, der Franzosen. Ihrer Zeit gemäss gehörten sie zum Alltag und waren vielen Menschen grössten Teils in Fleisch und Blut übergegangen. Heute sind selbst diese französischen Worte nicht mehr in der deutschen Sprache enthalten. Dafür hat sich die englische Sprache nach dem zweiten Weltkrieg umso mehr in den deutschen Sprachgebrauch eingemischt.
In der Neuzeit, jetzt im dritten Jahrtausend, amüsiert mich eine ganz besondere deutsche Sprache, nämlich das Deutsch, welches zum Denglisch mutiert. Schade eigentlich, dabei war die deutsche Sprache einst hochgeschätzt, sprach man doch genau diese im Land der Dichter und Denker.
Nicht nur die Klangfarbe der Sprache hat sich nahezu gravierend verändert, es sind auch sehr viele Worte verloren gegangen und neue hinzugekommen. Ich denke, dass ist einfach der Lauf der Zeit und seit Menschengedenken so gewesen. Man denke nur an die Schriften des Reformators Martin Luther, die Dichter Johann Wolfgang von Goethe, Ludwig Uhland, Ibrahim Lessing etc.pp.
Es gab immer wieder ein verwandeltes Schriftbild, Wortschreibungen wurden verändert, Worte gingen verloren, andere Worte kamen neu hinzu. Inzwischen gibt es auch aus meiner Kindheit Worte, die heute nicht mehr oder nur noch sehr selten zu hören sind. Ich habe hier ein kleines Lexikon zusammen gestellt, welches ich sicherlich im Laufe der Zeit ergänzen werde, denn erst nach und nach fallen mir plötzlich wieder Wörter ein, die nicht mehr geläufig sind.
Viel Spass beim Stöbern in meinem ganz persönlichen „alten Wortschatz“
wünscht
Nati Merlin
A
abkanzeln = jemanden eine Moralpredigt/Vortrag halten, aber auch jemanden mit Worten abfertigen. Der Pastor hielt früher oftmals kräftige Moralpredigten v. d. Kanzel, um so dem Mensch ins Gewissen zu reden
Adamskostüm = nackend, ohne Kleidung
Alkoven = in einem Schrank eingebautes Bett
abkupfern = kopieren, nachahmen
Abort = Toilette, (früher nannte man auch das „Plumsklo“ so)
alldieweil = während, obgleich
ausbaldowern = etwas aushecken, austüfteln
B
Backfisch = Jugendliche, Mädchen i.d. Pubertät
Bange Bucks = Angsthase
beömmeln = sich köstlich über etwas amüsieren, kaputtlachen
Blümchenkaffee = sehr dünner Kaffee er war so dünn, dass man auf dem Tassengrund die einzelnen Blumen des Musters der Tasse sehen konnte
Bratkartoffelverhältnis = lose Beziehung zweckdienliches Verhältnis
Brägen = Kopf/Hirn
Brägenpanne = „Dachschaden“ (verrückt)
bräsig = dämlich, dumm
Buchse = Unterhose
C
Capé /schwer von Capé = begriffsstutzig (der ist schwer von Capé)
Contenance = Besonnenheit, Gemütsruhe
D
dereinst = künftig, früher
dröge, droije = trocken
Donnerlittchen = Donnerwetter
duster, düster = dunkel, dämmerig
dünken, mich dünkt… = etwas vermuten, ahnen
Döneken = Blödsinn, Spass, Unfug
Dösbaddel = Tollpatsch, Tagträumer, Spinner
In Dutten gehen = wenn etwas kaputt oder auseinander geht
E
Eiderdaus = „Ach du meine Güte!!!“ Ausdruck des Erstaunens
erquicken = erfrischen
Eumel seltsame, undurchsichtige, merkwürdige Person
F
Faktotum = Mädchen für alles
fieseln = wenn es sachte regnet (Nieselregen)
Firlefanz = Blödsinn, Unfug, Kleinigkeiten
Fisimatenten = Dummheit, Unfug
Fittiche = jemanden unter seine Fittiche nehmen, … in Obhut nehmen
Fraktur reden = klare Worte sprechen
Frauenzimmer = verächtliche Bezeichnung für Frauen
Fräulein = unverheiratete weibliche Person
Fräuleinwunder = bemerkenswerte junge Dame der 50er Jahre
G
Gedöhns = Durcheinander, Getue, Kram
geflissentlich = eifrig
H
hanebüchen = Unfug, etwas ist nicht ganz geheuer.
bei SWR.de 1000 Fragen wird es so interpretiert: Von Kindern wird es oft falsch geschrieben, weil sie nicht wissen, dass der Ausdruck von der Hainbuche kommt und nicht vom Hahn.
Das Holz der Hainbuche fand vielfältige Verwendung. Auch Holzschnitzer bearbeiteten es, aber es ist sehr knorrig und schwer zu bearbeiten. Deswegen gebrauchte man früher den Ausdruck “hanebüchen” von “Hainbuchen” bzw. dem Holz der Hainbuchen herkommend. Es hat sich lautlich dann ein bisschen verändert. Hanebüchen hieß zunächst knorrig, derb oder grob. Dann sagte man oft: “Das ist hanebüchener Unsinn.” – also grober Unfug.
Weil jeder wusste, dass das die typische Kombination war, konnte man das Wort “Unfug”, “Unsinn” oder “Blödsinn” weglassen und nur noch sagen: “Das ist hanebüchen.”
Humpen = Bierkrug
I
Isegrim = andere Bezeichnung für Wolf, aber man sagte es auch zu einem eigenbrötlerischen alten Mann
J
Jachtreise = Tracht Prügel beziehen
juckeln = einfach so, langsam durch die Gegend fahren,
K
Kirre = verrückt, du machst mich…
Klüngelkram = Kleinkram
klüngeln = mit Kleinigkeiten rumkramen, aber auch etwas künstlich in die Länge ziehen
klönen = gemütlich plaudern
Knust = Anfang und Ende vom Brotlaib
Kroppzeug = Schund, Tand, unnützes Zeug, Unkraut
L
Leibchen = lt.Wikepedia: Das Leibchen war ein in Deutschland weit verbreitetes Kleidungsstück für Kinder, welches zwischen Unterhemd und Hemd getragen wurde. An ihm befanden sich Strumpfhalter, heute Strapse genannt, an dem ein Paar Strümpfe befestigt werden konnten. Außerdem wird das Wort heutzutage in Österreich und der Schweiz synonym für T-Shirt verwendet
Lichterloh = lodernd brennend
Lütt, Lütter, Lüttje, Lüttjes = klein, Kleiner Junge, Kleines Mädchen, kleines
M
Marotte = dumme Angewohnheit
Mittach, jetzt gibt’s erst mal Mittach = (das war die Mittagsmahlzeit)
mondän = modern
Muckefuck = Kaffeeersatz, Körnerkaffe, früher meist aus gerösteter Gerste hergestellt (z.B. nannte man Lindes-Kaffee auch Muckefuck)
Muckefuck= mach nicht so ein muckefuck, mach nicht so ein Blödsinn
Muhme = Tante
Mumpitz = Blödsinn, Unfug, dummes Zeug
Mümmelstück = etwas wo man dran rumknabbert
mümmeln = etwas mit Genuss langsam essen
munkeln = etwas hinter vorgehaltener Hand weitererzählen (ein Gerücht verbreiten)
meine Grossmutter sagte immer: „ Im Dunkeln ist gut munkeln.“
N
Nickerchen, einnicken = kurzer Schlaf.
nölen = etwas auszusetzen haben, meckern,
nöckeln, nöckelig, rumnöckeln = weinerliches Quengeln, jammmern
O
Oheim = Onkel
Oschi = etwas sehr grosses – Oschi unterstreicht die Grösse (ein RIESEN-grosser Berg, der gross Zeh, ein grosser Zahn, alles kann ein Oschi sein, was auch RIESEN-gros ist)
P
Passeng = Zisterne oder Brunnen
pesen, um die Ecke pesen = schnell um die Ecke laufen (schnell rennen, laufen)
Pimpernellen = jetzt kriege ich die Pimpernellen ( sich über etwas aufregen, heute sagt man eher, da kriege ich die Krise/so einen Hals)
Pinnockel = ein Stellknopf = drück mal den Pinnockel rein, damit das und das angeht, funktioniert.
Plunnen/Plunden/Plünnen = durcheinander liegende Kleidungsstücke (räum mal deine Plunnen/ Plünnen auf)
plästern, es plästert = es regnen, es regnet
plärren = rumheulen, laut und jämmerlich weinen
Plörre = dünne Suppe, wässeriges Getränk, qualitativ schlechtes Getränk
plörren oder pleddern = Flüssigkeit verkleckern
Pook = kleines Kind s.a Stepke, Stöpke
poofen = vor sich hindösen, einschlafen
Pott = Topf
prusten = niesen, schnauben, husten
Prott = hab nicht so ‚nen grossen Prott = hab nicht so eine grosse Klappe/Mund
proppevoll = randvoll
prokeln = in etwas rumstochern
pussiern = mit Mädchen/Jungen „rummachen“, mehr als nur flirten
Püster = Ventilator oder alles, jedes Gerät, das Luft in Bewegung bringt.
Q
Quetschkommode = Schifferklavier, Akkordeon
R
ratzekahl = total und absolut, alles weg, alles leer
ratzen = schlafen
Ratzeputz = alles total aufgegessen, (Ratzeputz war auch ein aus Stroh gebrannter Rum)
rumpumpeln = Krach machen
rumtüddeln = hol mal was zum rumtüddeln ( etwas umwickeln, z.B. um etwas zu befestigen)
rumramenten = rumtoben
runterraken = etwas runterwerfen (wenn man versehentlich etwas runterschmeisst)
Runkunkel = abschätzige Bezeichnung für eine alte Frau
S
Schabracke = unverwüstliche, oft unansehnliche ältere Frau, aber man benutz das Wort in einigen Regionen auch für irgendwas Altes, Klappriges, nicht mehr ansehnliches - eine alte Schabracke
saumselig trödelig, sehr verträumt langsam
Schippkarre = Schubkarre
Schleicher = Dieb
Schleckersachen, schleckern = Süßigkeiten, naschen
Schlüpfer, Schlüpper, oder auch "Schlübber", Unterbüchs = Unterhose
schlüren = langsam daher laufen, schlendern
Schmöken, schmoiken = Zigarette rauchen
Schmuddel = das ist ein Schmuddel/ Schmutzfink, jemand der schmutzig ist
Schmuh machen = der nicht ganz ehrliche Umgang mit Geld
schnacken = mit jemandem plaudern
Schwatter oder auch Neger = ein Farbiger
Senge kriegen =jemanden verdreschen = Prügel, Schläge bekommen
spekulieren = überlegen, nachdenken
Spekuliermaschine = Brille
Spillerig = mager, dürftig
Spund = junger „Kerl/Bengel“ , dem es noch an Erfahrung in seinem Job fehlt
Steppke = kleines Kind
stickum = etwas stickum machen = etwas heimlich machen
stiepen, es stiept so vor sich hin… wenn es ganz wenig und gemächlich „vor sich hin schneit“
stippeln = die ersten Regentropfen fallen = es beginnt zu regnen, ich muss schnell die Wäsche von der Leine nehmen
stokeln, umherstokeln = gelangweilt oder auch unsicher irgendwo umherlaufen
Stockebrand = jemand, der überall alles durchsucht, umherschnüffelt
(meine Grossmutter sagte immer: „Stockebrand sitzt an der Wand, siebenundsiebzig Ellen lang…)
stromern = der Hund stromert durch die Gegend, die Kinder stromern durchs Dorf (ziellos umherwandern/wildern)
Stulle = geschmiertes Brot
Stumpen = Zigaretten oder Zigarrenstumpen – Rest von der Zigarette oder Zigarre)
Rest eines amputierten Körperteils.
suppen = nässen – eine Wunde nässt z.B. aber auch wenn etwas leicht überläuft
süppeln = Langsam trinken.
T
tatterig = zittrige Hände, aber auch wackeklig auf den Beinen
Tusnelda = ein weibliche Person, die sich besomdes fein vorkommt...
Tick-Ei = gekochtes Ei
Transuse = langsames Mädchen
tüddelig = durcheinander sein
Tülle = Hülle, Kappe, etc.
Tünche = Ausschütte an der Kaffeekanne/Teekanne
U
ungeschlacht = grob, derb
Unzeit = unrechte Zeit
Urian = ungebetener Gast
V
verbusselt = etwas unauffindbar verlegt haben
verhohnepiepeln = veralbern
verhökern = verkaufen
verklickern = jemanden etwas erklären
verklüngeln = etwas verbusseln, einen Gegenstand verlegen.
verknusen = verkraften, wegstecken
vertüddert = verknotet / verhakt
W
wech kommen = Wo kommst Du… ( her)?
wetzen = schnell laufen
wuppen = etwas schweres irgendwie bewegen oder hochheben/anheben
Z
Zappen duster = stockdunkel
ziepen = ziehen, stechen
Ziegenpeter = so nannte man die Kinderkrankheit Mumps
Zipperlein = die kleinen 'Wehwechen'...
zugange sein, nicht mehr gut zugange sein! = Man ist nicht mehr gut zugange - es geht einem nicht mehr so gut (gesundheitlich) oder aber: man ist mit etwas zugange - man ist mit etwas beschäftigt