Das Schicksal nimmt nichts, was es nicht gegeben hat.

(Lucius Annaeus Seneca)
 
 
 
 
 
 
 

Der Sinn des Leben - Das Schicksal ist vorher bestimmt

 
Das Wort Schicksal kommt vermutlich aus dem altniederländischen, dort heisst es Schicksel, zu hochdeutsch Fakt oder Los. So habe ich es irgendwo gelesen. Ich habe lange über diese Ausdrücke nachgedacht. Und dann fiel mir meine Großmutter ein, die mit der plattdeutschen Sprache aufwuchs und zeitlebens mit ihren Freundinnen, Geschwistern und Verwandten nur plattdeutsch redete. Dieses war ein Plattdeutsch, welches der niederländischen Sprache sehr ähnelt. Im Geiste hörte ich wieder ihre gefasste Stimme: "Nati, das ist dein Los..." so pflegte es meine Großmutter immer zu mir in hochdeutsch zu sagen, wenn ich einmal mit irgendeinem Ereignis in meinem Leben unzufrieden war und haderte. Manches Mal sprach sie in ihrer gewohnten Mundart: " Ach Mäken wi all häv oua Loaus tau dreggen" - zumindest so ähnlich. Ja, wir alle, jeder hat sein Los zu tragen. In unserer heutigen Sprache sagt man wohl kaum noch Los. Heute heisst es schlicht und einfach: " Jeder hat sein Schicksal zu tragen."
 
Wir bezeichnen das Schicksal immer wieder als höhere Macht und tatsächlich eben auch als unser ganz persönliches Los, welchem wir uns beugen müssen. Ja, ich denke, wir müssen uns dem Schicksal beugen, weil es für jeden einzelnen von uns in gewisser Weise vorbestimmt ist, wir ihm nicht entrinnen können.
Mein Mann glaubte fest daran, dass unser Lebensweg, somit auch unser Schicksal, uns schon mit der Geburt in die Wiege gelegt wird. Auch ich komme immer mehr zu dieser Überzeugung und ich glaube wirklich ganz fest daran, dass sich diese unsere Vorbestimmungen erfüllen müssen und dass es keine Möglichkeit gibt unseren Vorbestimmungen aus dem Weg zu gehen. Was immer uns im Leben geschieht, was immer uns widerfährt, was immer wir auch zu bewältigen haben, hat sicherlich einen ganz bestimmten Grund. Aus eigener Erfahrung und mit Überzeugung kann ich behaupten, dass alles so kommt, wie es kommen soll. Die jungen Menschen unter uns werden vielleicht im Moment diese Aussage belächeln. Aber wenn wir mit fortschreitendem Alter, oftmals erst nach etlichen Jahren, auf bestimmte Ereignisse zurück schauen, die uns zum Zeitpunkt des Geschehens völlig unsinnig erschienen sind, wird uns später auf einmal sehr deutlich klar, dass Vieles tatsächlich so kommen musste, wie es geschah, weil das Nachfolgende ohne das Vorherige überhaupt nicht möglich gewesen wäre.
 
In meiner Überzeugung haben wir alle nicht nur ein ganz individuelles Schicksal, sondern auch jeder einzelne Mensch hat eine ganz besondere Aufgabe zu erfüllen, welche einzig unser Dasein und die Dauer unseres Daseins bestimmt. Vielleicht sind es sogar mehrere Aufgaben, Aufgaben, an denen wir wachsen, indem wir sie für uns selbst lösen, erledigen oder bewältigen müssen. Ich glaube ganz fest daran, dass unser irdischer Weg erst dann zu Ende ist, wenn wir die für uns vorgesehenen Aufgaben erledigt haben, sich unser ganz persönliches Schicksal damit vollendet hat. Auch Kinder die sterben haben eine Aufgabe gehabt, und sei es dass sie in ihrem kurzen Leben wichtig waren, weil sie durch den kleinen Moment ihres irdischen Daseins irgendetwas im unmittelbaren Umfeld verändert haben. Ich weiß, für Eltern, die gerade ein Kind verloren haben mag diese Aussage sehr schmerzhaft sein und vielleicht können sie es im Moment nicht verstehen und nachvollziehen, was ich sagen möchte. Aber in ein paar Jahren, wird ihnen Bewusst werden, was das kleine Geschöpf in der kurzen Dauer seines Daseins großartiges bewirkt hat. Aus meinem Bekanntenkreis kenne ich Eltern, die fast am Tod ihres Kindes zerbrochen sind. Doch nach einiger Zeit sagte mir die Mutter, deren Sohn nur 11 Jahre alt wurde: " Es war wie etwas ganz Wundervolles, dass ich ihn hatte, dass er für eine kurze Zeit bei uns war und unser Leben in höchster Form bereicherte. Er war etwas ganz Besonderes und das kostbarste Geschenk, das ich für einen Moment in meinen Händen hatte. Er lehrte mich mit seinem kindlichen Denken, die Welt mit anderen Augen zu sehen und er brachte mich dabei mit seiner Fröhlichkeit so oft zum Lachen, dass ich selbst in traurigen Momenten wieder lachen konnte. Ich bin dankbar, dass wir so eine intensive Zeit miteinander leben durften. Und wer weiß schon wirklich, warum er wieder gehen musste, was ihm alles im Leben erspart blieb. Wer weiss schon, was Gott noch großes mit ihm vor hat. Er ist ja nicht wirklich fort, er ist für bei mir und wird mich niemals verlassen. Ich trage ihn mit mir, wo immer ich sein werde. Ich muss mich nicht mehr sorgen, dass ihm etwas Schreckliches zustösst, oder dass er irgendwelchen Leiden ausgesetzt ist. Er ist in mir zurück gekehrt und er lebt unter meinem ständigen Schutz. Es geht ihm gut in und mit mir."
Damals hatte ich zuerst grosse Mühe, nachzuvollziehen, zu begreifen, was sie mir damit gesagt hat. Viel später, im Laufe einer langen Zeit begann ich mehr und mehr zu verstehen, was diese Mutter eigentlich mit ihrer Sichtweise meinte. So ist es sicherlich mit vielen Dingen im Leben, wir verstehen nicht wieso und weshalb Dinge um uns herum und mit uns geschehen und passieren und suchen oftmals vergeblich nach Erklärungen, fragen uns selbst immer wieder WARUM? Warum passiert mir das? Warum immer wieder ich?
 
Viele gravierende Lebensabschnitte verletzen uns zudem sehr tief und schwer, sie hinterlassen oft schmerzende Wunden. Die meisten Situationen in unserem Leben sind mit keiner irdischen Macht zu beeinflussen, weil sie genauso wie sie geschehen, für uns vorbestimmt sind und geschehen müssen. Niemand kann diesen Lebensabschnitten entrinnen, aber je mehr wir mit unserem Schicksal hadern, umso wuchtiger, tiefer und länger ist der Schmerz. Wenn wir jedoch versuchen hinzunehmen was immer uns ereilt, wenn wir bereit sind anzunehmen, bereit sind uns unserem Schicksal zu beugen und aus jeder Situation das Bestmögliche zu machen, dann ist das Leben mit Bestimmtheit leichter zu ertragen. Sicherlich ginge es uns selbst besser, wenn wir versuchen würden, aus jeder noch so schlimmen Situation die uns in die Knie drückt, irgendwie wieder aufzustehen und nach vorne zu gehen. Nichts, wirklich gar nichts in unserem Leben ist von Dauer, alles hat seine Zeit: das Glück, aber ganz gewiss auch das Leid und die Trauer. Das ganze Leben ist ein Auf und Ab und nur eines ist dabei ganz sicher, ganz gewiss: Wir alle haben nur dieses eine einzige Leben und es liegt an jedem einzelnen von uns, wie wir dieses Leben leben und was wir für uns allein daraus machen!
 
Was immer auch geschieht und Spuren hinterlässt, ist wichtig für unsere seelische Weiterentwicklung, davon bin ich ebenfalls überzeugt. Unser ganz eigenes Schicksal sind die Spuren unseres Lebens, sind der Weg, den wir zu gehen haben, der Grund, warum wir überhaupt geboren werden. Jeder einzelne Mensch, dem wir begegnen erfüllt seinen Teil unseres Schicksals, trägt auch für uns dazu bei, unseren Weg zu finden und zu gehen. Zusammen ergibt es ein Ganzes, wie bei einem Puzzle. Wir müssen aus allem was uns widerfährt Lehren ziehen und uns weiterentwickeln. Das Leben hat immer wieder wunderschöne Momente, für jeden Einzelnen von uns. Die schönsten Momente erleben wir, wenn wir mit offenem Herzen, mit offenen Sinnen durchs Leben gehen und bewusst in uns aufnehmen, was uns an Schönem geschenkt wird. Erst dann erkennen wir die wahre Bedeutung, was es heißt, zu leben.
 
"Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar!"
(Antoine de Saint-Exupéry)
 
 
Unser Schicksal führt uns aber auch immer wieder mit Menschen zusammen, die uns ständig verletzen und es liegt nicht in unserer Macht diese Menschen zu ändern. Das müssen wir auch nicht, wir selbst müssen uns verändern, nämlich in unserer Begegnung mit ihnen. Wir selbst müssen Grenzen setzen, um unser ICH vor ihnen zu schützen, damit sie in uns keine Angriffsfläche mehr finden. Wir selbst können aber von diesen Menschen auch einiges lernen und sei es nur, dass wir es im Umgang mit unseren Mitmenschen anders machen, liebevoller mit einander umgehen, toleranter sind und unser Gegenüber mehr Achtung und Respekt entgegen bringen. So wachsen wir selbst an der Schwäche armseliger Mitmenschen.
Viele Menschen sind über Kleinigkeiten und Nichtigkeiten immer wieder zu tiefst empört, verschwenden Zeit und Energie, weil sie sich in irgendeinen Unmut hineinsteigern. Dabei verlieren sie das Wesentliche völlig aus den Augen, nämlich ihr eigenes Leben. Sie vergessen darüber hinaus, was wirklich wichtig ist und zu ihrem glücklichen Dasein zählt.
 
Warum regen Mensch sich darüber auf, dass es seit Stunden regnet, wobei sie doch absolut sicher sein können, dass nach jedem Regen irgendwann auch wieder die Sonne scheinen wird. Wir wissen doch, dass auf jeder noch so dunklen Nacht ganz sicher ein neuer Morgen folgen wird! Warum verderben Menschen sich selbst den Tag mit schlechter Laune, weil sie vielleicht den Bus verpasst haben und nun ihren Weg zu Fuss zurück legen müssen. Warum sind sie erbost darüber, anstatt die schöne Umgebung mit offenen Augen beim gesunden Spaziergang zu geniessen? Dieser Spaziergang kann selbst dann noch unglaublich schön sein, wenn es in Strömen regnet. Man muss nur einmal mit vollem Bewusstsein den Geruch der feuchten Erde aufnehmen, die nassen Blumen riechen, die ihren Duft im Regen verwandeln, die Regentropfen als glitzernde Perlen betrachten und ihnen zuschauen, wie sie vom Himmel zur Erde fallen. Haben Sie schon mal intensiv gespürt, wie schön es sein kann, das zarten Stippen der Regentropfen auf der Haut oder im Gesicht zu spüren? Unsere Denkweise bestimmt das Empfinden in uns.
Wer überhaupt keinen Sinn für all das hat, hat immerhin noch die Möglichkeit sich unter dem Regenschirm zu verkriechen, die dunklen, schwarzen Wolken als schreckliche Bedrohung zu betrachten, um sich zu guter Letzt einzureden, dass er sich bei so einem fürchterlichen Regenwetter ganz gewiss eine schreckliche Erkältung einfängt. Die zuletzt erwähnte Denkweise würde zumindest ausreichen sich einige Momente des Tages unwohl zu fühlen!
 
Ist Ihnen beim Lesen der letzten Sätze etwas aufgefallen? Allein die Betrachtungsweise, die Sicht der Dinge, die um uns herum geschehen, beeinflussen tatsächlich unsere Empfindung, somit auch unsere eigene Lebensqualität. Wir selbst bestimmen vielmals nur mit unserer Denk- und Sichtweise, wie wir uns fühlen, ob es uns gut oder schlecht geht. Und wo ein Wille ist, ein Wille glücklich zu sein, da findet sich auch immer einen Weg, um diesem Glück zu begegnen. Das Glück beginnt im ersten Schritt mit der Kraft des positiven Denkens, denn Glück ist wirklich eine Sache des Empfindens und ich denke vor allem auch der Sichtweise in den Dingen des Lebens. Es ist ein ganz einfacher Weg, der uns zum Glück führt, der Beginn dieses Weges liegt ganz allein in uns selbst.
Darum sage ich noch einmal: Unsere eigene Sicht- und Denkweise bestimmt unser Empfinden und erst darauf folgt dann unser Handeln!
 
Stellen Sie sich einmal ernsthaft vor, dass Ihnen jemand mitteilt, dass es der letzte Tag in Ihrem Leben ist, den sie noch zu leben haben... Kehren Sie genau jetzt einmal für einen kleinen Augenblick in sich und überlegen Sie sich, was sie an ihrem allerletzten Tag Ihres Lebens, jetzt hier und heute, gerne machen würden. WAS wäre wirklich wichtig für Sie? Was möchten Sie auf keinen Fall versäumen?
 
Warum tun Sie das denn nicht, woran Sie gerade jetzt gedacht haben? Setzen Sie esdoch  noch heute in die Tat um, denn vielleicht ist es morgen tatsächlich schon zu spät dafür! Wer weiß denn schon, ob es nicht wirlich der allerletzte Tag seines Lebens ist? Denken Sie immer daran: Wir sollten uns jeden Tag so gut und glücklich wie nur irgend möglich gestalten und den Tag nicht mit Groll und Ärger verschwenden - unser kleines kurzes Lebenhier auf Erden ist viel zu kostbar dafür.
Ich rufe mir oft einen Satz von Marc Aurel ins Gedächtnis: "Jede Minute die man mit Ärger verbringt, versäumt man sechzig glückliche Momente seines Lebens."
 
Doch es braucht viele, viele Jahre, bis wir in unserer seelischen Entwicklung soweit sind, dass wir dieses alles auch erkennen und umsetzen können. Erst wenn wir erkannt und begriffen haben, dass alles so kommen wird, wie es kommen muss, erst dann haben wir wirklich zu leben begonnen. Erst dann werden wir wahre Freude am Leben haben und auch in unserem Herzen Ruhe und Frieden finden.
Wer sich jeden Tag ehrfürchtig vor sich selbst verbeugt und sich der Kostbarkeit seines eigenen Lebens bewusst macht und ist, und in diesem Bewusstsein dann auch den Tag verbringt, der kann am Ende mit erfüllter Zufriedenheit von sich sagen, dass er wirklich gelebt hat und niemals etwas wirklich Wichtiges versäumt oder nicht getan, bzw. gesagt hat.
Unser aller Leben ist nicht nur Schicksal, sonder ein grossartiges Geschenk Gottes und es ist nur so viel wert, wie wir selbst, jeder einzelne für sich, ihm Wert beimessen und es schlussendlich mit dieser Wertbemessung dann auch behandeln. Die Verantwortung für dieses kostbare Geschenk, welches "Leben" heißt, liegt einzig in jedem Menschen ganz allein!
 
In diesem Sinne
herzlichst Nati Merlin
 
 

 

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