Ein Sommertag mit einem Engel

 

Es war an einem schönen Sommertag, als ich auf meiner Terrasse sass, meine Seele baumeln liess und meine Gedanken mit den kleinen weissen Wolken am strahlend blauen Himmel auf die Reise schickte. Ich genoss diesen wunderschönen warmen Sommertag, atmete immer wieder den herrlichen Duft von blühenden Blumen ein, der in der Luft lag und ich lauschte dem Gesang der Vögel, die neben mir in der Hecke und in den Bäumen sassen. Ihr Gezwitscher liess mich manches Mal schmunzeln, denn man konnte meinen, sie hätten gerade die Generalprobe für das schönste Konzert, das sie jemals geben werden. Nein, dass sie untereinander stritten, das wäre mir nie in den Sinn gekommen. Ab und zu drangen von weit her ein paar fröhliche Kinderstimmen an mein Ohr, auch sie genossen sicherlich den herrlichen Tag und tollten irgendwo dort draussen umher. Diese kleinen weissen Wolken droben am tiefblauen Sommerhimmel, zu denen mich mein Blick ständig zog, tanzten lustig hin und her und ich dachte so bei mir, sie haben sicherlich gleiche Freude wie ich an so einem schönen Tag. Wie schon so oft, lies ich meiner Seele freien Lauf und gab mich der Leichtigkeit des Seins hin. Dabei verlor ich mich in Zeit und Raum. Oh, wie staunte ich mit einem Mal, denn die Wolken begannen sich zu formieren. Mir schien es, als wollten sie sich der Grösse und der Reihe nach anordnen, denn es war ein lustiges hin und her, wie sie dort oben vor meinen Augen plötzlich auf und nieder hüpften. Doch mit einem Mal sah ich, dass aus diesen Wolken, die sich da zusammengesetzt hatten ein wunderschöner Engel entstanden war. Dieser Engel lächelte mir zu und ich freute mich, denn es war der Engel, dem ich schon des Öfteren begegnet war. Inzwischen waren wir die besten Freunde geworden und wann immer es seine Zeit zulässt, besucht er mich. Er begrüsste mich wie immer so herzlich, wie es unter Freunden üblich ist und wie die anderen Male zuvor  und er meinte, dass er wieder einmal mit mir plaudern möchte. Nun liess ich meine Seele noch mehr in Zeit und Raum entschwinden, damit sie alles aus dieser Begegnung in sich aufnehmen konnte. Ich wollte genau verstehen, was dieser Engel mir zu sagen hatte, denn die Sprache der Engel ist nicht immer leicht zu verstehen, man muss sich all den Lasten des Alltags vollkommen entledigen, sonst geht das zarte Stimmchen der Engel im Lärm des hektischen Lebens unter. „ Es freut mich so sehr, dass du mich wieder einmal besuchst.
Sag, gibt es etwas besonderes?“ fragte ich den Engel. Sein Lächeln kam mir nun noch sanftmütiger vor und er antwortete:“ Na ja, es kommt darauf an, was für dich etwas Besonderes ist.“ Die leichte Ironie in seiner Antwort auf meine Frage war nicht zu überhören. Aber so war er, mein Engel. Ich kannte ihn nur als fröhlichen und lustigen Gesellen und es bereitet mit immer wieder Freude, wenn er mich besucht und mit mir plaudert. „ Es freut mich, dass du diesen herrlichen Tag geniesst und das Geschenk annimmst, welches mein "Chef" dir damit macht“, sprach er weiter. Nun musste ich lachen, denn ihr solltet einmal hören, wie er dieses Wort „Chef“ betonte! Natürlich meinte er Gott damit, na ja das ist ja sein „Chef“ und Engel dürfen unseren Schöpfer sicherlich so nennen. In Zeit und Raum verloren diskutierten wir wieder einmal sehr lange über seinen „Chef“ und vor allem über uns Menschen. Wir sprachen darüber, wie schrecklich es vielmals bei uns Menschen zugeht. Es macht meinen Engel und seinen „Chef“  gleichermassen sehr traurig,  dass wir so arglos mit unserem Leben umgehen, als sei uns gar nicht bewusst, dass wir nur für einige wenige Momente zu Besuch auf diesem kleinen Planeten Namens Erde sein dürfen. Wenn es uns nämlich bewusst wäre, würden wir sorgfältiger mit unserem Leben und vor allem miteinander umgehen. Wir vergeuden Tag für Tag und Stunde um Stunde unserer Zeit mit belanglosen und unwichtigen Dingen. Noch mehr denn je sollte es uns wichtig sein, unseren Sinn für den Frieden zu bewahren, der allein in uns selbst wohnt.  Wir müssen versuchen friedlich mit einander auszukommen und denen hilfsbereit  zur Seite zu stehen, die alleine keinen Ausweg aus ihrem Dilemma, aus ihren Sorgen und Nöten finden, jedoch ohne dass wir uns dabei selbst aufgeben. Es wäre besser für uns, aggressive und böse Menschen zu meiden, sie tun unserer Seele nicht gut und bringen uns von unserem Weg ab. Sie beeinträchtigen unseren Charakter nur in negativer Form. Aber, wir sollen uns selbst auch nicht mit anderen vergleichen, dass würde uns nur bitter, neidisch und gehässig machen.
Mein Engel riet mir, nicht dauernd nach Höherem zu streben, sondern mit Bescheidenheit und dennoch mit Stolz auf dass zu schauen, was man erreicht hat. Man ist glücklicher und es ist edler vor Gott, sich an seinen eigenen Dingen zu erfreuen. Zufrieden sein, mit dem, was man hat und nicht immer noch mehr haben zu wollen, dass zeichnet einen bescheidenen Menschen aus. Natürlich wird es immer wieder Menschen geben, die vielleicht besser dastehen, mit ihrem Hab und Gut, die vielleicht sogar höher sind, doch genauso wird es Menschen geben, die geringer sind und viel weniger haben. Wie bescheiden das Leben eines jeden Einzelnen und alles was zu ihm gehört auch sein mag, es ist sein Eigen, sein wahres Ich, sein Reichtum, dass unter seiner Mühe und Arbeit erreicht und geschaffen wurde. Die Welt ist voller Lug und Trug, wir  müssen ständig gut auf uns aufpassen und unsere Zuneigung nicht an jene verschwenden, die es nicht verdient haben. Genauso wichtig sei es, keine falsche Zuneigung vorzutäuschen, wie es sehr häufig und jeden Tag aufs Neue geschieht. Die Aufrichtigkeit eines jeden Menschen liegt darin, er selbst zu sein. Niemand muss sich verstellen, denn der „Chef“ kennt das wahre Ich des einzelnen und er hat jeden Menschen so gewollt, wie er in seiner Natürlichkeit von IHM geschaffen wurde. Leider ist es immer wieder eine Herausforderung und oft mit grossem Schmerz verbunden, zu erkennen, wer es ehrlich mit uns meint und wer uns mit seinem Trugbild hinters Licht führt und unsere Gutmütigkeit ausnützt. Sein "Chef" gab uns allen ein gesundes Herz und so wir nicht blind sind, werden wir erkennen, wer aufrichtig mit uns ist. Unsere Lebensjahre schenken uns Weisheit, die wir dankbar annehmen und mit Würde tragen dürfen. Unsere Weisheit ist die Stärke unseres Geistes, sie hilft uns Schicksalsschläge zu meistern. Wir alle gehören zum Universum, wie alles andere Leben in Flora und Fauna auch, genauso wie die Meere und die Sterne im Weltall. Jeder und alles was der „Chef“ schuf, hat seine Berechtigung da zu sein. Nur wer es versteht, seine Wege mit Gelassenheit aufrecht zu gehen, in diesem Lärm und all der Hektik um sich herum, wird erfüllt sein von innerer  Zufriedenheit. Denn egal, welch Mühsal uns auferlegt wird, wie gross das Elend um uns herum auch oftmals ist, trotz vieler verlorener Träume, kann das Leben wunderschön sein. Wer im grössten Sturm seine Fröhlichkeit behält und die Gewissheit in sich trägt das selbst nach dem schlimmsten Unwetter die Sonne zurück kehrt, der versteht das Leben zu leben. Ihm steht das Glück zu allen Zeiten zur Seite, insbesondere dann, wenn er selbst nicht mehr daran glauben mag.
So verging die Zeit bei dieser gemütlichen Plauderei mit meinem Engel. Er schaute sich plötzlich um und fragte mich, ob ich es auch gehört hätte, dass sein „Chef“ ihn ruft. Ja, ich konnte die Stimme hören, die meinen Engel zu sich rief. Es war an der Zeit, dass er wieder gehen musste. Sicher hatte sein „Chef“ einen neuen Auftrag für ihn. So verabschiedeten wir uns von einander und jeder ging seinen Weg, denn auch mich rief jemand ins Haus. Ich denke, dass mir meine innere Glückseligkeit auf der Nasenspitze geschrieben stand. Der, der mich drinnen empfing,  meinte, man könne glauben, dass ich einen sehr schönen Tag gehabt habe, weil ich sehr glücklich aussehe.
Oh ja, ich hatte einen wunderschönen und ganz besonderen Tag verbracht, in friedlicher Harmonie mit meinem Engel im Herzen. Und ich bin mir sicher: Ein jeder, der auf sein Inneres und auf die Stimme seines „Chefs“ achtet, die tief in seinem Herzen zu hören ist, wird viele schöne Tage erleben. Egal, was das Leben auch bringt, es bleibt uns die Gewissheit, dass wir niemals allein sind und sich unser Weg dem Guten zuwwendet, so wir  den Worten der inneren Stimme folge leisten..

 

In diesem Sinne
herzlichst Nati Merlin

 

 

 

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